Die Gülen-Bewegung - Geheimgesellschaft oder Sekte?
Manche machen sich Sorgen, Gülen und seine Anhänger könnten Pläne und Ziele verfolgen, die sie nicht öffentlichmachen. Kritiker behaupten, die Äußerungen vonMitgliedern der Bewegung in der Öffentlichkeitwürden nicht die ganze Wahrheit widerspiegeln; insgeheim bereite man sich darauf vor, den türkischen Staat und die türkische Gesellschaft zu übernehmen.
Zum Beispiel sagte ein Professor: „Ich bin kein Feind der Fethullah-Anhänger. Das sind gute Menschen. Was mir aber Angst macht, sind ihre Absichten, denn die halten sie geheim. Ich kann nicht erkennen, worauf sie hinaus wollen. Ich bin mir aber sicher, dass sie systematisch vorgehen.“
Die mit der Gülen-Bewegung verbundenen Menschen waren gern bereit, mit mir über die Finanzen der Bewegung zu sprechen; die Führungsspitze sowohl der Bank Asya als auch der Tageszeitung Zaman, des Fernsehsenders Samanyolu und der Stiftung der Journalisten und Schriftsteller ebenso wie führende Geschäftsleute in Istanbul und Bursa oder auch die aus Angestellten und Arbeitern bestehenden Gruppen. Dies zeigt mir, dass die Bewegung nicht so ‚geheim‘ ist, wie Kritiker behaupten. Gülen selbst hat noch kürzlich mehrmals betont, dass finanzielle Transparenz für die Bewegung sehr wichtig ist. Die Finanzberichte der Bank, der Zeitung und des Fernsehsenders sind öffentlich zugänglich und können im Internet eingesehen werden. Gülens gesammelte Reden und Schriften lassen sich ebenfalls über eineWebseite aufrufen. Der Vorwurf der ‚Geheimniskrämerei‘ scheint mir eher auf eingebildeten illegalen Aktivitäten zu beruhen als auf empirischen Daten, die auf Ziele und Anstrengungen hindeuten würden, welche man der Öffentlichkeit vorenthält.
Um es noch einmal zusammenzufassen: Ich respektiere die von den Kemalisten vorgetragene Sorge, die Geschichte des Säkularismus in der Türkei könnte von einem autoritären Führer mit einer starken Gefolgschaft bedroht und rückgängig gemacht werden, der dann einen islamischen Staat nach Vorbild des Irans errichtet. Allerdings präsentieren diese Kritiker keinerlei empirische Daten, die ihre Befürchtungen mit realen Vorfällen oder Aktivitäten untermauern würden, die man Gülen oder den Mitgliedern seiner Bewegung anlasten könnte. Auch die empirischen Daten, die ich selbst in den vergangenen 12 Monaten im Zusammenhang mit der Gülen-Bewegung gesammelt habe (Interviews, Besuche vor Ort, Überprüfung von Aufzeichnungen und Unterlagen), stützen die Vorwürfe und Befürchtungen der Kritiker der Bewegung nicht. [Auszug aus dem Buch]
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