Fethullah Gülen sieht Erdoğan als Urheber des Putschversuches

Fethullah Gülen erhebt im Gespräch mit der ZEIT schwere Vorwürfe gegen den türkischen Präsidenten. Der Islam ist für den Prediger in einem besorgniserregenden Zustand.

Fethullah Gülen, der religiöse Führer der Hizmet-Bewegung, hat erstmals den türkischen Präsidenten Erdoğan als möglichen Urheber des Putsches in der Türkei benannt. In einem Interview, das die ZEIT gemeinsam mit El País und der dpa in Saylorsburg, Pennsylvania, führte, sagte Gülen: "Dass Erdoğan selbst hinter dem Putsch stehen könnte, schien mir zuerst nur als eine Möglichkeit. In den letzten Tagen ist es für mich zur Gewissheit geworden. Neue Enthüllungen in der Türkei legen diesen Schluss nahe."

Seit dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei im Juli beschuldigt Erdoğan seinen einstigen Verbündeten Gülen, den Umsturz von den USA aus gesteuert zu haben. Beweise gibt es dafür bislang keine. Nun beklagt der 75-jährige Prediger, der seit 1999 im amerikanischen Exil lebt, Erdoğan habe den Putschversuch genutzt, um seine Macht auszubauen, indem er unliebsame Leute entlassen und inhaftieren ließ. Die Staatswillkür treffe Angehörige von Ministerien und Militär, Polizei und Justiz ebenso wie Geschäftsleute und Anwälte, Frauen und Kinder.

Zur Situation seiner Religionsgemeinschaft in der Türkei sagte Gülen: "Was unseren Sympathisanten jetzt geschieht, überrascht mich nicht. In der Geschichte der Menschheit wurden Gläubige, die ihr Leben dem Dienst an anderen widmeten, immer wieder verfolgt."

In der Türkei gilt die Hizmet-Bewegung als problematisch. Sowohl säkulare Kritiker als auch die AKP halten der Bewegung vor, in der Vergangenheit rechtsstaatliche Prinzipien verletzt, politische Gegner verfolgt und den Staat unterwandert zu haben. Säkulare haben den konservativen Prediger auch als islamistisch bezeichnet. (Ausführliche Informationen zu Gülen, seiner Bewegung und seinem einstigen Bündnis mit Erdoğan finden Sie im Artikel "Puppenspieler oder Putschist?".)

"Die Beweislast liegt nicht bei uns"

Gülen selbst bekennt sich zur Demokratie und bestreitet, seine Anhänger aufgefordert zu haben, den türkischen Staat zu unterwandern. Auf die Frage, ob er seinen von Erdoğan verfolgten Anhängern jetzt helfen könne, antwortete Gülen mit Bedauern: "Nein. Sie können sich nur an ihre Werte halten." Es sei richtig, dass sie nach dem Putschversuch auf Erdoğans Anschuldigungen nicht rachsüchtig reagiert hätten. "Sie halten sich an den Grundsatz der Versöhnung, der allen großen Religionen eigen ist."

Wörtlich sagte Gülen: "Wenn unsere Leute jetzt verfolgt werden, so liegt es mir fern, sie zur Gegenwehr oder gar zur Rache aufzufordern. Ich kann, was ihnen geschieht, nur verurteilen als das Machtgebaren paranoider politischer Führer."

Auf die Frage, ob er garantieren könne, dass seine Leute nicht doch am Putschversuch beteiligt waren, antwortete Gülen: "Wer behauptet, dass wir geputscht haben, der soll das auch beweisen. Die Beweislast liegt nicht bei uns, sondern bei denen, die uns beschuldigen. Wer auch immer diesen Putsch initiiert hat, handelte gegen die gewählte Regierung und gegen meine moralischen Prinzipien." 

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