Kritiker und Sympathisanten der Gülen-Bewegung – eine Gegenüberstellung

Die Kritiker der Gülen-Bewegung sind zumeist türkisch-/kurdisch-stämmige (Ultra-)Nationalisten und Kemalisten, Islamgegner sowie radikale Islamisten. Diese Kritiker der Gülen-Bewegung greifen bei ihrer Argumentation vor allem auf haltlose Verschwörungstheorien zurück. Die Sympathisanten kommen hingegen aus allen Lagern. Einer Umfrage von MSNBC zufolge befürworten 87 % der türkischen Bevölkerung die Aktivitäten der Gülen-Bewegung. Insbesondere Vertreter religiöser Minderheiten aus der Türkei sehen in Fethullah Gülen und der Gülen-Bewegung wichtige Dialogpartner[1] für aktuelle Fragestellen und brisante Thematiken unserer Zeit. Viele arbeiten eng mit der Bewegung zusammen und organisieren gemeinsame Aktivitäten.

Fethullah Gülen ist ein Prediger mit einem großen Charisma. Die Themen, die er anspricht, werden breit in der Öffentlichkeit diskutiert, wobei die Betonung auf "diskutiert" liegt. Ein Intellektueller wie Gülen ist an keinen politischen Standort gebunden, woraus nicht selten Konflikte und Meinungsunterschiede mit politisch-gebundenen Akteuren resultieren. Dass Fethullah Gülen viele Gegner hat, dies ist leider kein Geheimnis. Er kann sich aber glücklich schätzen, weit mehr Unterstützer zu haben. Ich rate politischen Entscheidungsträgern daher, stets ganz genau zu überprüfen, wer welche Kritik ausspricht und wer Gülens Ideen nicht nur teilt, sondern mit Institutionen der Bewegung auch intensiv zusammenarbeitet.

Die Kritiker der Bewegung lassen sich in erster Linie in folgenden Lagern verorten: türkische und kurdische (Ultra-)Nationalisten, radikale Islamisten und ideologische Islamgegner, außerdem fanatische Kemalisten. Für türkische (Ultra-)Nationalisten ist Gülen ein geheimer Agent des Westens, der die Türkei dem Westen unterordnen will. Für kurdische (Ultra-)Nationalisten und Anhänger der Terrororganisation der PKK[2] ist er dagegen jemand, der die Assimilation der Kurden will. Sie sehen in Gülen einen Gegner, da er mit seinen Ideen zum kurdisch-türkischen Dialog der PKK den Nährboden für ihren Terror entzieht. Für radikale Islamisten ist Gülen eine Person, die mit den Ungläubigen an einem Tisch sitzt und sich für einen Dialog mit diesen engagiert. Für Islamgegner ist er hingegen ein zu gläubiger Muslim.

Am interessantesten ist in diesem Kontext wohl die Position der Kemalisten, denn sie spielen ein Doppelspiel. In der Türkei stellen sie die Bewegung an die Seite des Vatikans, der USA und Israels. Es geht ihnen also um ihre ultranationalistische und turanistische Ideologie. Im westlichen Ausland ordnen sie die Bewegung dagegen der Seite von Scharia-Anhängern und Islamisten zu. Für Kemalisten hat ein muslimischer Prediger, der sich für die Rechte von religiösen Minderheiten einsetzt, sich für die kurdische Sprache stark macht und sich mit Bildungsprojekten für die einfachen Bürger engagiert, keinen Platz. Ihre Auffassung ist, dass ein Türke so viel Wert sei, wie alle anderen Menschen zusammen, wie es einst Atatürk sagte. Gülen, der zu Dialog, Toleranz und friedlichem Zusammenleben zum Wohle aller aufruft, passt deshalb offensichtlich nicht in ihr Bild der "modernen" Türkei.

Werfen wir nun aber einen Blick auf die Unterstützer in der Türkei: Zu ihnen zählen höchstinteressante Akteure. In zahlreichen Artikeln und Aufsätzen bekunden sie ihre Unterstützung für die Bewegung insgesamt und Fethullah Gülen als Person.

Einer von ihnen ist der Chefredakteur der Türkisch-Armenischen Tageszeitung AGOS, Etyen Mahcupyen[3], seines Zeichens Nachfolger des ermordeten Hrant Dink. Er schreibt wöchentlich eine Kolumne für die Tageszeitung ZAMAN, die der Bewegung nahesteht.

Weitere Sympathisanten der Bewegung und von Fethullah Gülen sind die Vertreter der religiösen Minderheiten in der Türkei. Hierzu gehören vor allem Mesrop Mutafyan, der Patriarch von Konstantinopel der armenisch-apostolischen Kirche, Bartholomäus I., der griechisch-orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, Ishak Haleva, der jüdische Oberrabbiner der Türkei, außerdem Yusuf Sag, Chorbischof und Patriarchalvikar der syrisch-katholischen Kirche der Türkei.

Diese Vertreter von religiösen Minderheiten machen kein Geheimnis aus ihrer großen Sympathie für Gülen und seine Ziele sowie Ideen. Vor kurzem äußerte sich Bartholomäus zu seiner Freundschaft mit Fethullah Gülen ganz öffentlich in der renommierten Chicago Tribune4. Chorbischof Yusuf Sag arbeitet derzeit an einem Buch, in dem er die Dialogaktivitäten, die er zusammen mit Gülen initiiert hat, beschreibt.

Diese Gegenüberstellung von Befürwortern und Gegnern sollte an dieser Stelle vor allem eines verdeutlichen: Jeder hat das Recht dazu, andere zu kritisieren. Jeder hat ebenso das Recht dazu, darüber zu schreiben. Genauso hat jeder das Recht, mit jemandem zu sympathisieren. Jeder Mensch sollte desto misstrauischer werden, wenn er angeblich von allen geliebt wird. Dass es Menschen gibt, die Fethullah Gülen mögen, und andere wiederrum, die dies nicht tun, ist also ganz normal. Ich wünsche mir daher von Entscheidungsträgern der Mehrheitsgesellschaft in erster Linie Folgendes: Sie sollten sich stets genau anschauen, aus welchem Lager eine Kritik vorgebracht wird. Wenn die Kritik konstruktiv und fundiert ist, sollte diese auch an die Ehrenamtlichen der Bewegung weitergeleitet werden. Denn diese ist Art der Kritik ist vielfach wertvolle konstruktive Kritik.

Wenn die Kritik allerdings ideologisch gefärbt ist und nichts anderes als haltlose Verschwörungstheorien (die in der Türkei ohnehin sehr verbreitet sind) beinhaltet, dann sollte sie auch als solche wahrgenommen werden.

Die kritische Kultur dieser Gesellschaft weiß ich überaus zu schätzen. Es handelt sich dabei um eine kritisch-analytische Haltung, die ich mir auch gegenüber Kritikern der Gülen-Bewegung wünsche.

[1] Redner sehen Fethullah Gülen als Vorbild für Dialog
[2] Hat Fethullah Gülen die Kurden verflucht?
[3] Etyen Mahcupyan
[4] Chicago Tribune
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